Freitag, 30. Januar 2009

Mein Karaoke am Polarkreis

Wenn ich überaus nervös werde, dann beginnt mein rechtes Bein unwillkürlich heftig zu zucken. Mein Kopf ist klar, doch das Bein macht sich selbständig. Ich möchte es festhalten. Aber das geht schlecht. Denn in den Händen halte ich ein Mikrofon.
Zusammen mit einer jungen Kollegin eines Reiseveranstalters stehe ich vor einer Karaoke-Maschine. Wir singen „Don’t Go Breaking My Heart“. Der Duet-Klassiker, der irgendwann mal von Elton John war, bevor das Stück von miesen Keyboards für Karaoke-DVDs eingespielt wurde. Wir singen übrigens äußerst schlecht. Vielleicht zuckt daher mein Bein.

Es ist mein erster Abend in Lappland, weit jenseits des Polarkreises. Große Teile Grönlands liegen weiter südlich als dieser Ort, an dem ich nun bin. Draußen ist tiefster Winter und schon seit 15 Uhr Nacht. An unser kleines Hotel ist die Dorfkneipe angeschlossen, ein eigentlich gemütliches Pub, in dem sich Freitagabends vor allem Einheimische tummeln. Touristen fallen hier auf. Wie die kleine Gruppe Schweizer am Nebentisch. Und wir.
Das Lied geht zu Ende und der MC des Abends erlöst uns. Er selbst singt auch. Und das recht gut. Wenn auch nur mit geschlossenen Augen.
Viele der Lappen sind sternhagelvoll. Vor allem die Männer. Einer fliegt über einen Tisch, an dem oben genannte Schweizer sitzen. Der Rausschmeißer taucht auf. Er ist ein blonder Bube von wohl knapp 18 Jahren. Für mich, der aus einem Land kommt, in dem Rausschmeißer meist aus ihren T-Shirts und schwarzen Lederjacken platzen und dabei irgendwas in Kanakisch brüllen, eine Überraschung. Der Junge ist aber verflixt gut in dem, was er tut, und der Tischflieger fliegt raus. Dort steigt er auf ein Fahrrad und macht sich in weiten Schlangenlinien – so kann man vermuten – auf den Heimweg.

Nachmittags sind wir angekommen. Auf einem Flughafen, dessen Terminal kleiner ist als der Edeka, in dem ich gelegentlich einkaufe. Finnisch Lappland ist in Schnee getaucht. Schnee. Schnee. Und noch mehr Schnee.
So viel Schnee, dass unser erster Stopp nach dem Flughafen ein Hotel aus Schnee ist. In hohen Bergen der weißen Pracht befinden sich Hallen, in denen Tische und Bänke aus Eis stehen. Dieses stammt aus dem nahen Fluss. Manchmal ist ein eingefrorenes Blatt oder ein Zweig zu sehen.
Der Bau ist betörend. Man verliert den Kontakt zur Außenwelt. Blaues Licht erhellt matt die Gänge. Die Zimmer in diesem Labyrinth aus Schnee warten mit einem Bettkasten aus noch mehr Eis auf. Man schläft in Schlafsäcken, die einen bis zu -30° warm halten sollen. Ich bin nicht versucht dies auf die Probe zu stellen. Jedes Zimmer ist einzigartig. Reliefs schmücken die weißen Wände. Eines zeigt eine Bärenfamilie. Ein anderes Fische und Seelöwen, aus deren Augen Lichter blitzen. Ein anderes ist mit Sternbildern geschmückt und in einem anderen wacht ein mächtiger Adler über die Schlafenden. Mir gefällt das Zimmer am besten, in dem ein nordischer Wald in den Schnee gemeißelt wurde – und darüber stellt eine Installation aus mehrfarbigen Licht und Eis die Aurora Borealis dar, das Nordlicht.
Die Tour endet in der Hotelbar. Auch der Tresen ist selbstverständlich aus Eis. Sowie Statuen. Und die Gläser. Uns wird Cranberry-Wodka eingeschenkt. Der Barkeeper, der auch wieder aus der Schweiz kommt, hält uns in seinem eidgenössischen Tonfall dazu an, möglichst schnell zu trinken. Sonst würde das Gesöff das Glas zum schmelzen bringen. Ich stürze den Wodka hinunter und eine wohlig süße Wärme strömt von meinem Magen in alle Glieder. Das Glas schmeiße ich auf den Boden. Es zerspringt. Dies soll Glück bringen.

Ich bin wegen eines Info-Trips für Reisebüros in Lappland. Organisiert wurde die Reise von einem größeren deutschen Veranstalter. Um mich herum sind lauter Expedienten, wie die Mitarbeiter der Büros genannt werden. Mit ihnen verbringe ich die nächsten Tage.



Die Dunkelheit, die im Januar noch bis spät in den Tag hinein dauert, macht das Aufstehen am folgenden Morgen schwer. Außerdem fehlt mir Schlaf. Am Tag zuvor war ich um 4 Uhr früh aus dem Haus gegangen, um meinen Flug zu erwischen.
Per Bus geht es Heute zu einem neuen Ausflug. Wir fahren durch die unendlich wirkenden Wälder Lapplands. Sie sind licht. Die zahlreichen Kiefern sind nicht besonders hoch und so schmal, dass man sie hier auch Kerzenbäume nennt. Zwischendrin stehen immer wieder Birken. Schließlich gelangen wir an unser Ziel: eine Rentierfarm.

Es ist nicht sonderlich kalt. Nur zehn Grad unter Null. Von unserem Hotel hatten wir winterfeste Overalls, feste Schuhe und übergroße Handschuhe erhalten. Zudem trage ich zum ersten Mal in meinem Leben schwarze Thermounterwäsche, in der ich aussehe wie ein untalentierter Pantomime. Und doch versteht es die Kälte, an mir hochzukriechen.
Rentierzucht gehört zum Leben der Menschen im Hohen Norden. Ihre Tiere laufen dabei die meiste Zeit des Jahres wild durch die Wälder und über die Fjälls Lapplands. Nur selten werden sie zusammengetrieben. So zum Beispiel zur sogenannten „Rentierscheidung“. Dabei werden schlachtreife Tiere ausgesondert und manch ein Männchen kastriert. Heute gibt es dazu spezielle Werkzeuge. Früher allerdings kastrierten die Lappen die Tiere mit ihren Zähnen. Schnie-Schna-Schappi, weg das Teil.
Das Fleisch wird traditionell getrocknet. Entweder in der hofeigenen Sauna oder an der eiskalten Winterluft. Die Felle werden zu Decken, Umhängen und selbst Schuhen.
Heute stehen nur wenige Rentiere in den Gattern der Farm. Sie sehen rund und weich aus, wie Rehe aus einem Zeichentrickfilm. Wir sollen sie nicht streicheln. Dadurch würden wir den Wärmeaustausch über die Haare der Tiere stören. Das Rentier friert, wenn man es liebevoll streicheln will.
Für uns stehen Schlitten bereit. Je zu Zweit nehmen wir Platz und lassen uns zehn Minuten durch den Wald ziehen. Hinter mir läuft ein weiteres Ren, das mir treu ins Ohr keucht. Wie ein Hund schwitzt es nicht, sondern kühlt sich mit weit aufgerissenem Maul. Es ist fast schneeweiß. Die Tiere sind schön.

Das Mittagessen, ein würziger Gemüseeintopf aus Kartoffeln und Pilzen, wird in einer buntgeschmückten Stube eingenommen. Wenige Tage zuvor sei hier der Weihnachtsmann zu Besuch gewesen. Eine Tanne steht in der Ecke. Und auf einem Tisch liegen Briefe, die an „Dear Father Christmas“ gerichtet sind. Langsam wird mir wieder wärmer. Zu trinken gibt es Beerensaft. Die Menschen hier sind stolz auf das, was die Natur ihnen bietet und wissen damit kulinarisch umzugehen.
Ich bin zu voll, um einen der Pfannkuchen zum Nachtisch zu essen. Diese darf ein jeder selbst über einem Lagerfeuer backen. Wir stehen dazu in einer Kate, einem riesigen lappischen Tippee. Der Rauch beißt und schleicht sich in die Fasern unserer Kleidung.

Im Bus nicke ich ein. Das mag am fehlenden Schlaf liegen oder aber auch an der gut aufgedrehten Heizung. Als ich wieder zu mir komme stehen wir im Nebel.
Wir sind auf einem der Berge des Landes. Knapp 600 Meter ist dieser hoch. In ähnlicher Höhe liegt mein Heimatort auf der Schwäbischen Alb… Lappland hat ein sanft welliges Landschaftsbild. Hügel erheben sich mit Eleganz über die Taiga-Ebenen.
Wir sind an einer Skilodge. Viel können wir nicht sehen. Gelegentlich kann man einen Unerschrockenen erkennen, der die Piste hinunter fährt. Nur wenige Minuten bin ich draußen.

Zurück im Hotel steht der nächste Programmpunkt an: Langlauf.
Ich hatte diese Sportart einmal probiert. Im Jahr zuvor. Dabei machte ich nicht gerade den gekonntesten Eindruck. Auf Skiern zu stehen ist für mich ungewohnt. Zu leicht verliere ich die Balance. So auch Heute. Doch ich gehe die Sache mit weniger Furcht an als beim ersten Mal an. Es macht Spaß, durch die Loipen zu gleiten. Es ist wieder nach vier und die Nacht hat sich erneut über Lappland gesenkt. Die Strecke ist allerdings beleuchtet und geht kilometerweit in die Wildnis. Ich genieße den Lauf. Mein Hintern verrichtet ebenfalls treu seinen Dienst und nimmt mir nicht übel, dass ich mehrmals auf ihn falle.
Nach einer guten halben Stunde gibt unser Guide warmen Beerensaft aus. Eine Wohltat.
Langlauf ist ganz ruhig und ganz entspannt. Man hört den Schnee, das Gleiten der Skier, seine eigene Atmung. Mir wird heiß. Der ganze Körper findet Bewegung. Ich denke darüber nach, im nächsten Jahr zurückzukehren und diesen Sport wirklich zu erlernen. Ich bewundere erneut die Natur.

Nach der Tour lege ich meine nun viel zu warme Kleidung ab. Die neue Tchibo-Thermounterwäsche ist durchgeschwitzt. Ich drapiere sie daher über die Heizung im Badezimmer.
Danach gehe ich runter in die Sauna. Sie ist klein. Aber gemütlich. Ich fühle mich verspannt und befürchte einen Muskelkater. Die Hitze tut da gut. Ich mache zwei Saunagänge mit zahlreichen Aufgüssen. Beim zweiten sitzen ein paar der Expedienten neben mir. Eigentlich sind es Geschäftspartner für mich. Nun sitzen wir nackt und schwitzend nebeneinander. Ich stelle mir ein wöchentliches Meeting unter diesen Voraussetzungen vor.

Das Abendessen wird um 19 Uhr serviert: Salate, eine Tomatensuppe und als Hauptgang Steak. Die Küche in diesem kleinen Hotel ist verblüffend gut. Zum Essen trinke ich finnisches Bier. Dieses ist viel schwächer als deutsches, schmeckt mir aber verblüffend gut.
Weiter geht es in die Hotelbar, in der Heute sich aber nicht so recht die Stimmung des Vorabends wiederholen will. Erneut findet unter der Leitung unseres lappischen Elvis Karaoke statt. Doch die Mischung stimmt nicht. Es fehlen die jungen Leute. Nur drei stehen neben dem Billardtisch. Dann kommen noch zwei völlig overdressede und überschmeckte Mädchen herein. Daneben sitzen zahlreiche Männer Marke Waldarbeiter an den Tischen. Lange bleibe ich Heute nicht. Ich unterhalte mich gut mit einer attraktiven Expedientin. Sie ist aus Hannover. Was soll man da machen? Ich singe Heute Abend nicht.



Am nächsten Morgen habe ich erstaunlicherweise keinen Muskelkater. Es ist der Tag, dem die meisten in unserer Gruppe am stärksten entgegengefiebert haben. So auch ich. Wieder ziehe ich die Winterkleidung an. Sie riecht noch nach dem Rauch vom Vortag.
Vor der Rezeption sammeln wir uns. Die beiden Guides, die uns Heute begleiten werden, führen uns einen Korridor entlang zu einem Lagerraum. Ordentlich liegen hier auf auf Regalen etliche Motorradhelme. Auch mir wird einer in die Hände gedrückt. Es ist das erste Mal, dass ich so ein Teil überziehe. Mein Kopf fühlt sich schwer an. Und etwas entrückt. Ground Control to Major Tom kommt mir in den Sinn.
Draußen hinter dem Hotel warten, in Zweierreihen stehend, ein Dutzend Schneemobile auf uns. Hier im Norden werden diese Maschinen ganz normal für den Personentransport benutzt. Für uns sollen sie Spaß darstellen.
Uns wird ihre Funktionsweise erklärt. Es scheint kinderleicht zu sein: rechts gibt man mit einem Hebel Gas, und links bremst man wie beim Fahrrad. Das kriege ich hin.
Zu Anfang lasse ich einen der Expedienten fahren. Ich bin nicht all zu scharf darauf. Nicht, dass ich keine Lust hätte, das Schneemobil zu fahren. PS haben mich nur noch nie reizen können.

Vom Rücksitz aus betrachte ich die Landschaft: niedrige Wälder. Weite. Sanfte Hügel. Der Himmel ist bedeckt. Es schneit so leicht, dass man Schneeflocken zählen kann. In der Kälte bleiben diese überall liegen. Auch auf dem Overall meines Vordermanns. Ich betrachte sie lange und frage mich, ob es stimmt, dass jede von ihnen einzigartig ist.
Das Schneemobil donnert über zahlreiche Bodenwellen hinweg. Das alles erinnert mich an „Big Thunder Mountain“ in Disneyland. Die Fahrt dauert hier aber gut 50 Minuten länger. Wir halten immer wieder, damit die Gruppe zusammen bleibt. Das gibt Zeit die Einsamkeit an diesem Ende der Welt zu bestaunen.

Mit Schwung geht es einen Hang hinunter und wir fahren mit Karacho über einen zugefrorenen Fluss. Unser Schneemobil beschleunigt auf 60 Stundenkilometer. Halt finde ich nur an einem dünnen Gurt vor mir. Oberhalb des Flusses sind einige bunte Häuschen zu erkennen. Diese sind das Ziel unserer Tour. Schon von weitem schallt uns ein Ohren betäubender Lärm entgegen. Es sind Huskys, die ungeduldig auf uns gewartet haben.
Die Tiere sind bereits angespannt. Auf dem Hof müssen gut 90 Hunde stehen, die uns wild kläffend begrüßen. Sie wollen laufen.

Einen Hundeschlitten zu führen ist gar nicht so schwer, stelle ich fest. Wichtig ist es, die Kraft der Huskys zu steuern. Gerade zu Beginn ziehen sie mit solcher Wucht, dass der Schlitten leicht umzukippen droht. Uns wird gezeigt, wie wir auf den Kufen zu stehen haben und wie wir bremsen müssen.
Ich stelle mich mit meinem ganzen Gewicht auf die Bremse unseres Schlittens. Mein Vordermann von gerade hat in einer Decke eingehüllt auf dem Schlitten selbst Platz genommen. Die Hunde ziehen wie verrückt. Man spürt schon jetzt ihre Stärke. Dann wird der Schlitten losgebunden. Er saust mit uns davon. Ich werde davon überrascht, wie viel Energie in diesen drahtigen Tieren steckt. Die ersten hundert Meter muss ich mit aller Macht auf der Bremse bleiben, um Kontrolle zu behalten.
Irgendwann laufen die Huskys ganz entspannt. Wir gleiten durch den lappischen Wald, einer Reihe weiterer Schlitten hinterher. Das freudige Gekläffe von eben ist wohliger Stille gewichen.
Ich hatte vergessen, wie stark Hundescheiße stinken kann. Huskys verrichten ihre Geschäfte im Laufen. Und sie verrichten sie oft. Der Geruch ist beißend würzig.
Nur noch selten muss ich auf die Bremse treten. Meine Finger sind eiskalt. Ich genieße die Fahrt. Es ist eine Zusammenarbeit zwischen Mensch und Tier. Mir gibt dies so viel mehr als jeder PS-starke Motor.
Dann ist Wechsel angesagt. Der kann sich schwierig gestalten. Ich bleibe auf der Bremse stehen und lasse meinen Vordermann sich nun langsam darauf stellen. Würden wir dies nicht tun, so wären die Huskys plötzlich weg. Und wir ständen da. Allein.
Alles läuft glatt und ich mummle mich in der Decke ein. Weiter geht es durch den Wald, der friedlich in seinem weißen Kleid daliegt. Mir könnte es nicht besser gehen.

Nach dem Lauf wälzen sich die Hunde im Schnee. Wir können näher an sie heran, sie streicheln. Ein jeder von ihnen hat ein ganz eigenes Fell. Sie sind grau. Weiß. Beige. Ihre Augen sind tiefbraun. Wie dunkles Holz. Oder so eisblau als könne man durch sie bis an den Grund des Meeres blicken. Und ganz wenige von ihnen haben sowohl ein tiefbraunes wie auch ein eisblaues Auge. Ich habe selten Schöneres gesehen...

Wir werden zum Mittagessen gerufen. In einer großen Holzhütte gibt es Suppe mit Rentierfleisch, die mir wieder die Wärme in Hände und Füße treibt. Im Kamin prasselt ein Feuer.

Die Rückfahrt bestreite ich am Steuer des Motorschlittens. Es ist mittlerweile dunkel geworden. In mancher Waldkurve habe ich Probleme mit dem Gerät. Ich steuere dagegen. Eigentlich will ich nur noch zurück ins Hotel. Die Motoren heulen auf, als wir mit unseren Schlitten mit fast 70 km/h über die verschneite Taiga brettern.

Gut eine Stunde dauert die Fahrt. Ich fühle mich verspannt, als ich von der Maschine heruntersteige. Wir lassen sie dort hinter dem Hotel, wo wir sie Heute Morgen vorgefunden hatten. Ich gehe auf mein Zimmer, ziehe mich aus und streife einen Bademantel über.
In der Sauna sitzen schon zwei weitere Mitreisende. Ich brauche jetzt die Hitze.

Am Abend fahren einige von uns nach dem Essen noch in den nahen Skiort. Es ist Nebensaison und recht ruhig. Der Schnee scheint zu quietschen, wenn man über ihn geht.
Ich atme noch einmal die eisige Luft ein.

Ich bin am Ende der Welt und habe hier Dinge gemacht, die nur Wenige je machen werden. Das Land ist geprägt von atemberaubender Wildnis. Und doch genieße ich hier eine warme Stube, gutes Essen und Internet. Die Zivilisation ist überall. Auch hier. Und dennoch: der Mensch ist hier nur zu Gast.

24 Stunden später bin ich wieder zurück in München.

Sonntag, 11. Januar 2009

Mein Wochenende allein

Es ist Freitag. Man kommt aus dem Büro. Wieder später, als man wollte. Doch es ist: Wochenende. Und irgendwas geht. Immer. Muss doch.
Und man kommt nach Hause und es passiert... nichts.

Nun ist Sonntagabend. Zwei Tage sind ins Land gezogen. Ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Kein Ausflug, keine Bar, kein Club, nicht mal ein gemeinsamer Kaffee oder ein Bier. Man ruft Freunde am Freitag an. Was krank? Schade und gute Besserung.
Samstag: Du bist schon verplant? Ok, klar... Bis zum nächsten Mal.
Sonntag meldet sich schließlich der, mit dem man was ausgemacht hatte, nicht.

Ich hasse solche Wochenenden. Verschwendet. Es bringt ja nicht mal was, mir einreden zu wollen, dass es gar nicht schlimm ist, mal nichts getan zu haben. Dass ich mich ja habe ausruhen können. Und wer muss denn schon jeden Abend weg?
Niemand. Das stimmt. Deswegen gehe ich ja unter der Woche nur selten aus. Denn dafür gibt es ja das Wochenende. Eigentlich.

So bestand das Highlight meines Wochenendes darin, einen langen Spaziergang entlang der Isar zu unternehmen. Kalte Frischluft füllt meine Lungen. Ich fühle, wie meine Wangen rot werden. An den kiesigen Ufern des Flusses hält sich noch Eis.
Um mich herum Gruppen älterer Menschen. Jogger. Und Pärchen. Überall Pärchen. Sogar Pärchen von Pärchen. Die wenigen Einzelnen, die ebenfalls über die Uferbefestigung spazieren, gehen mit ihren Hunden Gassi. Und ich merke, wie sehr ich einen solchen Vierbeiner vermisse. Gerne hätte ich einen Hund. Aber was soll denn das arme Tier während meiner zahlreichen Reisen machen? Ich verwerfe den Gedanken und bedaure das sehr.

Meine Finger sind völlig durchgefroren als ich in die U-Bahn nach Hause steige.

Mein Wochenende neigt sich seinem zu.

Was für eine Verschwendung.