Freitag, 24. August 2007

Mein zu Hause

Auf dem Weg zurück nach Paris. Ich sitze im Zug. Noch bin ich in Deutschland. Gerade hielt der TGV in Karlsruhe. Frankreich ist nicht mehr weit.
Ich habe eine Woche bei meinen Eltern verbracht. In meinem alten Kinderzimmer habe ich geschlafen. Und über Wege und durch Gassen bin ich gegangen, die wie Fotos in einem Album kurze Erinnerungen heraufbeschworen.
Es ist nun sechs Jahre her, dass ich mein Elternhaus verließ. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es noch mein zu Hause ist...

Ich kann mir die schnelle Antwort meiner Mutter vorstellen. Aber vermutlich weiß sie, dass das nur eine schöne Lüge ist. Leider.

Mein derzeitiges zu Hause besteht aus Nostalgie. Ich erinnere mich an die Wände meines Zimmers, die ich als kleiner Junge bemalte. An die grün-rote Schaukel in unserem Garten. An den Kirschbaum, der vor meinem Fenster stand und den mein Vater vor einigen Jahren fällte. Die Früchte des Baumes waren grauenhaft bitter und wie das dunkle Ding im Schatten unseres Hauses stand raubte es auch allen Pflanzen in seiner Umgebung die Lebenskraft.
Die Vögel erfreuten sich allerdings an ihm, wenn die schwarzen Kirschen an den Ästen hingen...

Gerne bin ich auf den Straßen meiner Heimatstadt unterwegs. Und doch erfüllt sie mich an Schwermut. An jeder Ecke stoße ich auf Orte, an denen ich einst mit Freunden, die Heute längst aus meinem Leben verschwunden sind, saß und redete. Da sind die Cafés, die Häuser, die alte Stadtmauer und der Fluss, der sich an ihr entlang bewegt. Die Menschen sehen immer noch aus wie noch vor Jahren. Doch erkenne ich niemanden mehr.

Das zu Hause verblasst und wird zur Erinnerung. Die Liebe zur Heimat wird Nostalgie – und damit Rückzugshort vor den Sorgen eines Mannes, der nicht mehr weiß, wo sein zu Hause überhaupt ist. Der es noch finden muss. Der Angst hat, es nie zu finden.

Ich träume davon, mir einen Ort zu schaffen, an dem ich mich so geborgen und so geliebt fühle wie dieser eine Ort meiner Kindheit, den ich in der letzten Woche besuchen durfte.

Ich bin gerne zu Hause. Ich hoffe, dass ich es bald wieder sein werde...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sehr schön geschrieben! Könnte das zwar nie so gut in Worte fassen, aber ich kenne dieses Gefühl nur zu gut...