München wurde vor 850 Jahren dadurch gegründet, dass in der Nähe einer Mönchssiedlung eine Brücke über die Isar geschlagen wurde. Man wollte Reisende und Handel an diese Stelle binden, um so praktischerweise auch an Geld zu kommen.
Viel hat sich seit damals nicht verändert. München zieht immer noch Massen von Menschen an, hat ein paar bekannte Unternehmen aufzuweisen, ist sakrisch teuer – und oben drein immer noch äußerst katholisch.
Auch mich hat es nun in diese Stadt verschlagen, die nur so darauf versessen ist, zu zeigen wie schön und liebenswert sie ist und daher so gern einen strahlenden, tiefblauen Himmel über ihre Dächer spannt.
Vor einer Woche bin ich angereist. Mit der Bahn. Um mich herum saßen bereits Menschen, die so typisch für München seien mögen: die Studentin neben mir blickte angespannt auf einige selbst zusammengeschriebene Notizen bevor sie sich dann von ihrem Handy mit rosa-leuchtendem Display bannen ließ. Viele hatten ihre Notebooks dabei. So auch ich. Hauptsächlich Männer. Der eine spielte (ein Typ um die 30 mit der unvorteilhaften Kombination aus Haarverlust und Gewichtszunahme), der andere kuckte Filme (ich) und der dritte schrieb einen Artikel über den Heiligen Don Bosco. (In München gibt es gern und viele Heilige.) Ein Typ, der so aus sah, wie die 68er wohl ausgesehen hätten, wären diese vierzig Jahre später dran gewesen, erging sich in welterfassende Reden – vor allem mit zwei schwäbelnden Polizeibeamten in zivil. Ich tat, was jeder tut: höflich wegblicken.
Nach etwas mehr als einer Stunde Fahrt kam die Durchsage „München, Hauptbahnhof“ – in aller bestem mit bayerischem Idiom unterlegten DB-Englisch.
Ich genieße die Stadt: ihre prachtvollen Bauten, ihre Menschen, ihre charmante Art. Sie ist noch überschaubar, hat aber bereits dieses „Was gehen uns die anderen an?“ an sich, das den Bürgern der besten Weltstädte den Ruf einbringt, unfreundlich zu sein. München ist abwechslungsreich. Mit seinen Cafés, seinen Geschäften, seinen Viertel – und wieder den Menschen. Da wären die Ausländer, die durch die Stadt streifen. An jeder Ecke hört man Englisch, Französisch, Italienisch, Japanisch, Chinesisch und auch noch die Sprachen der unterschiedlichsten, in Integrationsstatistiken auftauchenden Bevölkerungsgruppen. Viele Zugezogene sind in der Stadt. Fast schon schwer erscheint die Suche, einen hier groß gewordenen zu treffen. Und dann die Art: in New York bleiben nur Touristen an roten Ampeln stehen, in Paris niemand. Hier in München stehen die Fußgänger und warten auf grün. Wer es wagen sollte, die völlig freie Straße vorher zu überqueren, muss dem Hagel der bösen Blicke standhalten. Gleichzeitig hat man hier die Ruhe weg. Beim ersten Mal war ich noch überrascht, als der Fahrer meines Feierabend-Busses an einer Haltestelle ausstieg, zu einem an jeder Ecke der Stadt stehenden Zeitungs-Verkaufskästen ging, mit einer Bild zurück kam – und auch noch anfing, diese zu lesen bevor er weiterfuhr. Mittlerweile begreife ich dieses Verhalten als nicht mehr erwähnenswert.
Weltstädtisch ist auch der Umgang dieser Stadt mit der Welt: sie wird toleriert. Wieder findet hier die so genannte Sicherheitskonferenz statt, was bedeutet, dass sehr viel Sicherheit für die Konferierenden produziert werden muss. Die Innenstadt wimmelt von Polizei aus allen Ecken des Freistaates. Die Münchner scheint es nicht zu stören. Unbeeindruckt gehen sie an diesen Sicherheitskräften vorbei und zwischen ihnen hindurch.
In München ist die Welt zu Gast bei Freunden – aber macht bloß nicht den Teppich schmutzig!
Ich fühle mich wohl in dieser Stadt. Sie hat ihre Ecken und Kanten, scheint aber diese auch mit einem gewissen Stolz zu tragen. München ist bürgerlich, konservativ, fortschrittlich, traditionsbewusst, weltoffen und – mein neues zu Hause.
Samstag, 9. Februar 2008
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