Mittwoch, 26. September 2007

Meine Warterei

In Frankreich muss man warten können. Auf Busse, Züge, Freunde, Antworten.
Bis Heute warte ich noch darauf, dass mir die staatliche Krankenkasse endlich das mir zu stehende Geld für den Ausfall meines Gehalts überweist, das sich während der Tage anhäufte, in denen ich von einer Kinderkrankheit niedergestreckt gelangweilt rumgammelte. Das ist nun fast vier Monate. Letzte Woche kam nun endlich ein Schreiben, man könne mir nichts überweisen, da ich von den drei offiziellen Krankschreibungen meiner Ärztin die falsche eingereicht hätte. Man wolle die Kopie 1 und 2, ich hatte Nummer 3 eingeschickt. Der bedeutendste Unterschied zwischen diesen verschiedenen Ausgaben des selben Wisches ist die kleine Zahl, die oben rechts gedruckt steht. Kopie 1 ist im Übrigen nicht mehr auffindbar. Es ist nun fraglich, ob ich jemals die 300,- Euro erhalte, welche mir in Deutschland einfach mit meinem monatlichen Lohn auf dem Konto gelandet wären...

Das schönste Warten ist allerdings an Kassen. Vielleicht ist da die französische Seele am deutlichsten sichtbar: Dann, wenn die auf jung gestylten Verkäufer bei H&M gemütlich Oberteile und Slips zusammen legen, dabei sich fröhlich und ausgelassen mit ihrem Kollegen nebenan über ihr Liebes- und Familienleben unterhalten und sich irgendwann mal daran erinnern, dass vor ihnen ja ein Kunde steht.
Gestern stand ich mal wieder bei meinem Supermarkt in der Schlange. Der ist so groß, dass man ihn schon gar nicht mehr ”Super” nennt sondern gleich ”Hyper”. Die Hypermarchés sind riesig und haben einfach alles – außer immer genau das, was man eigentlich sucht. Und frisches Obst und Gemüse.

Während also die Kassiererin nun mit allergrößter Sorgfalt bei jedem Produkt den Strichcode suchte, um dann die Müslischachtel entspannt über den Scanner zu ziehen, befand ich mich in dieser träge dahin ziehenden Schlage. Vor mir stand ein Kerl in meinem Alter mit einem 6er-Pack Milch. Hinter mir eine wuchtigere Dame mit dem weißen T-Shirt des Sportclubs einer Nachbargemeinde, die sich mit ihrem Mann in einer so herrlich fremd klingenden Sprache unterhielt, dass ich meine, es sei Portugiesisch gewesen.

Nun kann man in diesen Situationen, in denen man zwischen Menschen gefangen ist und mal wieder auf Grund der Langsamkeit des französischen Lebens den Bus verpasst anfangen zu fluchen, zu resignieren oder sich fragen, wie es wäre, wenn wir den Krieg gewonnen hätten...
Frankreich verlangt eine Menge Nerven...

Die übrigens und ironischerweise gerade die Franzosen gerne verlieren, scheinen diese doch nur schwer zu verstehen, dass man gerade in einem Freizeitpark vielleicht eine Weile warten muss, um Achterbahn fahren zu können. So stehen sie da und beschweren sich bei mir über das, an das sie doch so gut gewöhnt sein müssten es aber dann nicht sind: zu warten.

Keine Kommentare: