Mittwoch, 3. Oktober 2007

Meine neueste Zwangsvorstellung

Manche Leute sammeln Briefmarken, andere wiederum Postkarten, Kronkorken, Sand, Federn, Schallplatten, getragene Unterwäsche, alte Fotoapparate, Playboy, Kristalle, Strafzettel oder Kerben im Bettpfosten.
Ich selber sammle gerne Zwangsvorstellungen, die ich dann bis zur Neurose hin pflege. So hege ich beispielsweise einen Waschzwang (im Anfangsstadium), kann mich selber in Videos nicht sehen und auf Fotos nur schwer ertragen und rechne bei jedem Arztbesuch mit dem Satz ”Sie haben noch zwei Monate”.

Meine neueste Erwerbung in dieser stets größer werdenden Kollektion psychischer Störungen ist die Vorstellung, den Herd nicht abgestellt zu haben. Vor allem Morgens erwischt mich diese Furcht: nach meiner Aufwach-Tasse-Tee quält mich der Gedanke, der Herd sei noch an, würde sich stundenlang aufheizen ohne dabei die Sicherungen durchzubrennen und schließlich ein flammendes Inferno in unserer WG-Küche anrichten, das sich schließlich in der ganzen Wohnung ausbreitet und meine ganzen Besitztümer wie Bücher, DVDs, Reisepass und – am schlimmsten! – meinen Computer vernichtet.
War da am Anfang nur das ganz unterschwellige Bedenken abends nach Arbeit tiefschwarze Rußspuren am Küchenfenster zu entdecken, war ich letzte Woche schon halb an meiner Bushaltestelle als mich die Vorstellung, gerade könnten meine Calvin Klein Unterhosen, die Hepburn-DVDs und mein Bodum-Geschirr verkohlen, zur Umkehr zwang. Ich stürzte zurück, die Treppen hinauf zum ersten Stock, riss die Wohnungstür auf und sah natürlich das, was ich immer sehe: einen ausgeschalteten Herd. Katastrophe also abgewendet... Irgendwie...

Wobei: vor ein paar Jahren ist es mir ja zwei Mal tatsächlich passiert, dass ich völlig unbesorgt den Herd angelassen hatte. Allerdings gehe ich davon aus, damals unterbewusst den mir sehr suspekten Typen ausräuchern gewollt zu haben, bei dem ich zur Untermiete untergekommen war... Der Kerl war fett, transpirierte ständig und bis Heute bin ich überzeugt, dass er einem Nebenerwerb als Kleinkrimineller nachging.

Doch woher kommt meine gegenwärtige Zwangsvorstellung, ich könne ein Flammenmeer in den eigenen vier Wänden verursachen?
Vielleicht hat es mit dem Gefühl zu tun, derzeit nicht wirklich in Kontrolle zu sein. Ich fühle mich ziellos und weiß nicht wohin. Ist es also Orientierungslosigkeit, welche mich in den Wahnsinn treibt? Oder bin ich schlicht und ergreifend dabei, endgültig den Verstand zu verlieren? Könnte noch lustig werden...

Also: bleibt dran und erlebt, wohin sich meine Neurosen noch entwickeln. Unterhaltsam wird’s sicherlich...

Keine Kommentare: