Mittwoch, 28. November 2007

Meine alten Leute

Alte Leute sind großartig. Ich mag sie gern. Alte Leute sind die neuen jungen Leute. Jedenfalls als werberelevante Zielgruppe. Und sie kümmern sich rührend um ihre Enkel. Und wer träumt nicht von Großmutters Küche? Ich wiederhole mich: alte Leute sind klasse.

Aber sie können auch schwierig sein. Das Gedächtnis lässt nach, sie vertreiben einen vom hart erkämpften Sitzplatz im Bus und sie erzählen ständig vom Krieg. Von welchem, ist mittlerweile schwer zu sagen.

Auch sind sie für Leute, die es nach all den Jahrzehnten eigentlich besser wissen müssten, erstaunlich sorglos, in dem Sinne: ”Macht Ihr Mal!”

So hatte ich mich am vergangenen Montag um zwei junge Engländer zu kümmern. Er fünfzehn, sie neun Jahre alt. Sie suchten ihre Oma.
Die gute Frau hatte die Kinder ”Space Mountain” fahren lassen... und hatte halt nicht am Ausgang gewartet. Sie war fort. Verschwunden. Da sie dachte, die beiden Kiddies werden sich schon selber amüsieren. Ist ja immerhin Disneyland. Da werden die schon was zu tun finden.
Was zu tun fanden die Zwei schon, nur halt ihre Oma nicht mehr. Und das den ganzen Tag über. Wir versuchten, die Dame zu erreichen. Doch weder im Hotel, noch ihr Reiseveranstalter noch überraschenderweise ihre eigene Tochter hatte die Nummer des Mobiltelefons der gesuchten Oma. Also saßen die Kinder bei uns. Und saßen. Und saßen. Und kuckten ”Pirates of the Caribbean” auf DVD. Irgendwann hatte ich Feierabend. Die Beiden saßen immer noch da. Meine Kollegin hatte sich nun um sie kümmern. Die Oma war ja immer noch nicht da. Aus welchen Gründen auch immer.

Irgendwie tut mir ja die alte Dame auch leid. Da nimmt sie ihre Enkel mit nach Disneyland. Und jetzt bekommt sie einen gewaltigen (doch verdienten) Rüffel von ihrer Tochter, dass sie die Kinder alleine gelassen hat. Alte Leute haben das so an sich: sie tun leicht leid.

Wie die Rentnerin, die alleine und mit traurigem Blick in der U-Bahn sitzt. Der Großvater, der sich mühsam auf seinem Gehstock hält. Oder das triste Äußere eines Altersheimes.

Vielleicht tun sie uns leid, weil wir Angst haben. Angst davor, was aus uns eines Tages wird... Werden wir alleine sein? Krank? Werden wir uns noch an unsere Jugend erinnern? Oder nur traurig an die, die uns auf unserem Lebensweg verlassen haben?

Doch dann sieht man wieder etwas anderes: die Großeltern, die für ihre Enkel im Stadtpark Eis und Luftballons kaufen. Die Oma, die Weihnachtsplätzen bäckt.
Und das alte Paar, das nach all den Jahren immer noch Hand in Hand spazieren geht...
Alte Leute sind großartig.

Ich hoffe, wir werden es auch sein.

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